Der Rundfunkstaatsvertrag soll künftig auch für Internetangebote, wie Instagram und Google gelten.

Lange hat es gedauert, nun soll es tatsächlich Wirklichkeit werden. Der Medienstaatsvertrag soll nach dem Willen der Rundfunkkommission der Bundesländer auch für Onlineanbieter gelten. Sie sollen dann praktisch genauso wie Rundfunksender behandelt werden. Schon im Dezember könnte der neue Medienstaatsvertrag beschlossen werden.

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Das hört sich nach ziemlich trockenem und sperrigem Beamtendeutsch an, doch die Auswirkungen auf die Online Welt könnten durchaus heftig sein, und das ganz real.

Neuer Medienstaatsvertrag

Während die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und privaten Sender von den Medienanstalten der Länder mit vielen Regelungen, Gesetzen und auch Einschränkungen gesteuert, manchmal auch gegängelt werden, sind die Angebote im Netz bislang außen vor geblieben. Dabei kann heute praktisch jeder mit Smartphone, Tablet oder Computer und einem einigermaßen schnellem Internetanschluss zum Sender werden. Streaming Apps und Portale, wie YouTube und Twitch machen es für jedermann ganz leicht möglich, (Live)-Inhalte online zu stellen.

Der neue Rundfunkstaatsvertrag wird künftig Medienstaatsvertrag heißen, weil er diese Online Angebote nun ebenfalls abdecken soll. Damit will man nach Jahren des Tiefschlafs nun ganz spontan auf die weiterentwickelte Medienlandschaft reagieren. Die klassischen Fernsehsender, vor allem die privaten sollen sich dadurch nicht mehr beklagen können, dass sie gegenüber den Angeboten im Netz durch zu hohe Anforderungen und Einschränkungen benachteiligt werden.

Auswirkungen aufs Netz

Für die Online Angebote bedeutet das allerdings nichts gutes. Denn natürlich werden durch den neuen Medienstaatsvertrag nicht alle Einschränkungen für die bestehenden Sender gelockert. Vielmehr werden sich künftig auch die Online Anbieter mit dem Eingriffen durch die Rundfunkkommission herumschlagen müssen.

Eine Rundfunklizenz, wie früher einmal befürchtet und sicherlich auch von der Rundfunkkommission der Länder einmal angestrebt, werden YouTuber auch in Zukunft nicht benötigen. Einige bekannte YouTuber haben sich sogar bereits eine solche nicht gerade billige Lizenz besorgt, um damit unbehelligt ihre Streams anbieten zu können.

Das wird in Zukunft dann nicht mehr nötig sein, zumindest für kleine Streamer, denn es soll eine Bagatellgrenze eingeführt werden. Wer im Durchschnitt weniger als 20.000 Nutzer gleichzeitig mit seinem Stream bespaßt, der braucht keine Rundfunklizenz. Das dürfte auf die übergroße Mehrheit der YouTuber und Streamer, z.B. auf Twitch zutreffen.

Youtuber | Bild: geralt, pixabay.com, Pixabay License
Youtuber | Bild: geralt, pixabay.com, Pixabay License

Damit wäre der neue Medienstaatsvertrag eine echte Verbesserung bzw. wäre damit endlich einmal eine konkrete Aussage getroffen, wann eine Rundfunklizenz für regelmäßige Streams notwendig wird.

Ganz ohne Bürokratie geht es jedoch nicht. Grundsätzlich muss sich jeder Streamer – auch kleine – bei den Medienanstalten anmelden, um im Zweifel zur Rechenschaft gezogen werden zu können, falls dieser gegen irgendwelche Gesetze verstößt. Denkbar wären da z.B. Verstöße wegen Schleichwerbung.
Wer dabei erwischt wird, dem sollen Netzsperren oder die Abschaltung des Angebots drohen.

Folgen für die Plattformen

Auch auf die großen Plattformen kommen mit dem Medienstaatsvertrag tiefgreifende Änderungen zu. Künftig werden YouTube, Facebook, Instagram und Co. als „Medienintermediäre“ bezeichnet. Da haben wir wieder das Beamtendeutsch.

Diese Medienintermediäre sind dann verpflichtet, keinen Anbieter von Inhalten mehr zu diskriminieren. Unliebsame Beiträge dürfen dann von den Plattformen nicht mehr nach hinten verbannt und so vor den Zuschauern quasi versteckt werden.

Außerdem müssen sie Beiträge „die in einem besonderem Maße die Meinungs- und Angebotsvielfalt fördern“ ganz besonders weit nach vorn heben. Mit dieser Regelung dürften die Trends auf YouTube in Zukunft ganz anders aussehen. Clickbait in der heutigen Form hätte dann keine Chance mehr. Stattdessen dürften dann bspw. Videos von Politmagazinen aus dem klassischen  TV oder Beiträge wie das CDU Zerstörervideo von Rezo immer ganz weit oben den Trends erscheinen, einfach wegen der Qualität dieser Beiträge in Bezug auf Meinungsvielfalt. Der feuchte Traum von Anne Kramp-Karrenbauer von der Zensur kritischer Beiträge und sogenannter Meinungsmache auf YouTube hat sich damit erledigt.

Darüber hinaus soll auch jeder Anbieter darüber Auskunft verlangen können, ob und warum die Plattformen die eigenen Beiträge des Anbieter bspw. weiter hinten in den Trends platziert haben.

Auch Google ist betroffen
Das würde auch Google betreffen. Bisher kann man nur raten, warum manche Seiten, Beiträge und Angebote in der Suchmaschine von Google auf Seite eins platziert werden. Wahrscheinlich weil dafür gutes SEO betrieben wurde. Künftig könnte es aber dazu kommen, dass Google einen Einblick in das bisher gut gehütete Geheimnis namens „Suchalgorithmus“ geben muss. Das wäre für alle Beteiligten ein herber Einschnitt.

Nur die klassischen TV-Sender, die können sich wirklich freuen über den neuen Medienstaatsvertrag. Für sie gibt es einige Lockerungen. So soll bspw. künftig mehr Werbung erlaubt sein.

Noch ist nichts beschlossen

Wie die Plattformen diese Vorgaben technisch umsetzen sollen, das lässt der neue Medienstaatsvertrag allerdings offen. Diese Vorgehensweise kennt man ja bereits von der Artikel 13 Diskussion um das europäische Urheberrecht. Der Gesetzgeber gibt irgend etwas vor, ohne zu wissen oder zu prüfen, ob und wie dies technisch überhaupt machbar ist.

Noch aber ist der Medienstaatsvertrag nicht endgültig beschlossen. Erst müssen alle Bundesländer einzeln über das Gesetz in ihren Landesparlamenten beraten und diesen beschließen. Das wird locker 6 Monate dauern. Erst wenn das ohne Probleme in allen 16 Bundesländern durchgegangen ist, kann der Medienstaatsvertrag in Kraft treten.

Ob das allerdings so locker durch alle Parlamente durchgeht, ist noch gar nicht sicher. Es kann also durchaus sein, dass der neue Medienstaatsvertrag im neuen Jahr 2020 nicht endgültig beschlossen wird. Man wird sehen.

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